Schutz stillender Mütter


Die Wiederaufnahme der Arbeit nach dem Mutterschaftsurlaub unterliegt einer Vielzahl von Regelungen

Die Mutterschaft ist eine besondere Phase im Leben einer Frau. Nach der Geburt benötigt der Körper mehrere Wochen zur Regeneration und Wiederherstellung des Gleichgewichts. Aus diesem Grund sehen das Arbeitsgesetz (ArG) und die dazugehörigen Verordnungen (ArGV) spezifische Bestimmungen vor.

Dies stellt nicht nur eine Lebensumstellung für die Mitarbeiterin dar, sondern bedeutet auch eine organisatorische Herausforderung für den Arbeitgeber. Die Mutterschaft erfordert nämlich besondere Vorkehrungen, damit die Gesundheit der Mitarbeiterin geschützt werden kann.

Verbot und Befreiung von der Arbeit

Während der ersten acht Wochen nach der Niederkunft darf die Mitarbeiterin, un­abhängig von einem etwaigen Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung, nicht arbeiten. Danach und bis zur 16. Woche darf sie nur beschäftigt werden, wenn sie damit einverstanden ist (Art. 35a Abs. 3 ArG). Es gilt zu beachten, dass der Mutterschafts­urlaub lediglich 14 Wochen dauert. Wenn die Mitarbeiterin nach der Niederkunft während 16 Wochen nicht arbeiten möchte, gehen die letzten beiden Wochen zu ihren Lasten. Bis zur 16. Woche nach der Niederkunft muss der Arbeitgeber der betroffenen Arbeitnehmerin, sofern sie nachts arbeitet, eine gleichwertige Tagesarbeit anbieten (Art. 35b Abs. 1 ArG). Diese Regelungen gelten unabhängig vom Stillen.

Wenn die Mitarbeiterin stillt, geniesst sie zusätzlichen Schutz. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, stillende Mütter so zu beschäftigen und ihre Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass weder ihre Gesundheit noch diejenige des Kindes beeinträchtigt werden. Falls die vom Arbeitgeber ­vorgeschlagenen Massnahmen es der Mitarbeiterin nicht erlauben, ihr Kind zufriedenstellend zu stillen, kann sie gestützt auf Art. 35a Abs. 2 ArG verlangen, von der Arbeit freigestellt zu werden. Wie das Bundesgericht in einem Urteil kürzlich bestätigt hat, kann ein solches Befreiungsgesuch ausschliesslich zum Zweck des Stillens gestellt werden. Eine Freistellung von der Arbeit zur Bewältigung von Betreuungsproblemen kann nicht auf der Grundlage von Art. 35a ArG beantragt werden (Urteil des Bundesgerichts vom 7. Juni 2023, 4D_49/2022).

Eine stillende Mutter darf nicht länger als 9 Stunden pro Tag arbeiten (Art. 60 Abs. 1 ArGV 1). Sie darf auch nicht für ­Arbeiten eingesetzt werden, die als beschwerlich oder gefährlich gelten (z. B. das Bewegen schwerer Lasten von Hand), es sei denn, es wird auf Grund einer Risikobeurteilung festgestellt, dass keine Gefahr für die Gesundheit der Mutter besteht (Art. 62 Abs. 1 ArGV 1).

Lohnfortzahlung

Die Arbeitnehmerin hat nicht nur das ­Recht, über die für das Stillen notwendige Zeit zu verfügen, sondern sie hat auch Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber diese Zeit in gewissem Umfang als Arbeitszeit anrechnet. Wenn es erforderlich ist, dass die Arbeitnehmerin während ihrer regulären Arbeitszeit stillt oder Milch abpumpt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Stillzeit in folgendem Umfang als Arbeitszeit zu berücksichtigen:

  • 30 Minuten bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden
  • 60 Minuten bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden
  • 90 Minuten bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden

Die Zahlungspflicht für den Arbeitgeber gilt bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes (Art. 60 Abs. 2 ArGV 1). Verlangt die stillende Mutter gestützt auf Art. 35a Abs. 2 ArG eine Freistellung von der Arbeit, hat sie keinen Anspruch auf Lohn.

Wenn die Mitarbeiterin verhindert ist zu arbeiten, weil der Arbeitgeber sie tagsüber nicht beschäftigen oder ihr Arbeiten zuweisen kann, die ihre Gesundheit nicht gefährden, hat sie Anspruch auf 80 Prozent ihres Lohnes (Art. 35 Abs. 3 ArG).

Fazit

Stillende Mütter haben kein formelles Recht, nach Ablauf der 16 Wochen nach der Niederkunft nicht wieder zur Arbeit zu erscheinen. Wenn sie nach ihrer Rückkehr weiterhin stillen möchten, muss der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen entsprechend anpassen. Sollte der Arbeitgeber bezüglich des Stillens Zweifel hegen, kann er eine Bestätigung des Arztes verlangen. Es ist jedoch ratsam, die Rückkehr der Arbeitnehmerin frühzeitig zu planen, damit der Arbeitgeber die erforderlichen Massnahmen treffen kann.

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