Wendepunkt in Sicht


Die Gruppe der Freiburger Optiker und Optometrie (GFOO) wird seit diesem Jahr von Valentin Dagon geführt, dem Chef von Optique Messerli in Marly. Er erklärt, weshalb sich die Berufe aus der Optik-Branche an einem Wendepunkt befinden und welche Herausforderungen künftig zu meistern sind.

Seine Ernennung ist noch ganz neu. Valentin Dagon, Chef von Optique Messerli in Marly, hat dieses Jahr den Vorsitz der GFOO übernommen. Die Ernennung erscheint logisch für diesen Mann, der sich auch auf nationaler Ebene in der Dachorganisation OptikSchweiz engagiert hat. Im Freiburger Berufsverband tritt er die Nachfolge von Anne Studer an, die lange Jahre an der Spitze der Organisation stand und deren Profil, wie sie selber sagt, für den Vorsitz eines derartigen Vorstands eher untypisch war. Sie ist nämlich Dozentin für Optiker-Lernende an der Berufsschule Lausanne. «Ich habe die Rolle eines Bindeglieds zwischen der Arbeitgeberschaft und der Berufsbildung übernommen», führt sie aus. Die Verbindung war für die Gruppe mit ihren zwanzig Mitgliedern – in erster Linie KMU und Gruppierungen wie Optic 2000, aber keine Ketten wie Fielmann oder Visilab – sehr nützlich. Und Arbeit hatte es zur Genüge, sieht doch die Verordnung zur Optikerlehre, welche dieses Jahr in Kraft tritt, eine umfassende Neuausrichtung der Ausbildung vor: Die Dauer der Ausbildung wird von vier auf drei Jahre reduziert. «Die Grundlage des Optikerberufs verändert sich. Er ist immer weniger handwerklich und immer stärker auf den Verkauf ausgerichtet», erklärt die ehemalige Präsidentin.

Während ihrer Amtszeit hat Anne Studer auf den freundschaftlichen und kollegialen Beziehungen aufgebaut, die in Freiburg zwischen Optikern und Augenärzten herrschen. «Die Tatsache, dass zwischen den Berufen aus dem Bereich Optik und dem medizinischen Milieu derartige Beziehungen bestehen, stellt eine echte Chance dar. Es ist für mich grundlegend wichtig, diese Beziehungen zu pflegen, insbesondere im Rahmen von Konferenzen», erklärt die ehemalige Präsidentin. Ihr Nachfolger möchte das Erreichte bewahren: «Wir profitieren von einer Win-win-Situation, wir schicken den Augenärzten unsere Kundinnen und Kunden, und sie verweisen im Gegenzug einige ihrer Patientinnen und Patienten an uns.» Dieser Austausch ist umso wichtiger, als 2008 am Schnittpunkt zwischen Optiker und Augenarzt dank dem Aufbau eines Ausbildungsgangs an der Hochschule ein neuer Beruf entstand: die Optometrie. Letztere ist stärker medizinisch ausgerichtet als der Optikerberuf und fokussiert auf Messungen der Sehfähigkeit, die Augengesundheit und die Prävention.

Die Berufsbildung stellt für die GFOO eine grosse Herausforderung dar. Die Gruppe engagiert sich dafür, die Ausbildung aufzuwerten und bekannt zu machen (siehe nebenstehende Infobox). Das Engagement ist nötig, denn im Markt fehlt es an qualifiziertem Fachpersonal, vorneweg Optikerinnen und Optiker mit EFZ: «Wir bekommen viele Anfragen für Praktika und Lehrstellen», hält Valentin Dagon fest, und er fügt hinzu: «Das EFZ ist gemäss Statistiken eines der anspruchsvollsten, oft sind sich die Leute dessen nicht bewusst.» Er weist unter anderem auf die Fächer Physik, Mathematik, Pathologie oder Physiologie hin. «Das ist viel mehr als Verkauf», betont der Präsident. Hinzu kommt, dass die Anzahl Plätze beschränkt ist, auch wenn die Ausbildung zahlreiche Türen zu höheren Ausbildungen öffnet.

Der Service erobert seinen Platz zurück

Um die Politik kümmert sich die Dachorganisation OptikSchweiz. Valentin Dagon ist übrigens deren Vizepräsident. Es gilt zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. Die Optometrie ist heute anerkannt als Medizinalberuf, was die Unternehmen dazu verpflichtet, Weiterbildungen anzubieten. Die GFOO organisiert deshalb mindestens einmal pro Jahr eine Konferenz, zu der sämtliche Mitglieder sowie die Augenärztinnen und -ärzte eingeladen werden. Optikunternehmen müssen zudem im Gesundheitsberuferegister angemeldet sein.

Es ist umso wichtiger, die Interessen des Berufsstands zu verteidigen, da sich die Optik-Branche an einem Wendepunkt befindet. «Während Jahren haben die Ketten mit unglaublichen Lockangeboten an der Preisfront gekämpft, das funktioniert heute nicht mehr wirklich, denn die Kundschaft achtet auf das Serviceangebot », präzisiert der Präsident, der darüber hinaus feststellt, dass gewisse Ketten zurückrudern und dem Service mehr Aufmerksamkeit schenken, insbesondere wegen der Konkurrenz aus dem Internet. Covid hat in Bezug auf die Kundenanwerbung ebenfalls eine Rolle gespielt, und zwar wegen der Geschäfte, die sich in unmittelbarer Nähe der Kundinnen und Kunden befinden und oft handwerklich ausgefeiltere Fassungen anbieten. Übrigens verfügen fast alle Mitglieder der GFOO über eine eigene Werkstatt, in der sie die Brillen selbst herstellen können – das ist längst nicht mehr überall der Fall. «Ich bin der Meinung, das ist ein Vorteil für die Kundinnen und Kunden, da sie wissen, woher die Brillen kommen, wo sie hergestellt und fertig angepasst wurden, auch wenn das für mich als Chef mit mehr Pflichten und auch gewissen Kosten verbunden ist», gibt sich der Präsident überzeugt.

In den Augen von Valentin Dagon stellt die Erneuerung der GFOO-Mitglieder eine der grossen Herausforderungen dar. Seit fünf Jahren sind die Versammlungen offen für geladene Mitglieder, auch ausserhalb der Arbeitgeberschaft, etwa für Angestellte. «Ich finde, wir sollten uns noch weiter öffnen, denn die Öffnung bewirkt eine andere Sicht auf den Beruf, und das ist immer positiv.» Die Öffnung würde zudem verhindern, dass die GFOO aufgelöst wird, wie das der Fall war im Kanton Waadt.

Mathilde Gremaud als Botschafterin

Die GFOO macht unablässig Werbung für ihre duale Ausbildung. Mit dem Ziel, Jugendliche zu inspirieren, wurde die Freiburgerin Mathilde Gremaud, Olympiasiegerin im Slopestyle 2022 in Peking, als Botschafterin engagiert. Die Sportlerin wird während eines ganzen Tages ein Optikergeschäft besuchen und sich dort als Optikerin versuchen. Der Anlass findet im Semptember statt und wird auf den sozialen Netzwerken des Freiburger Arbeitgeberverbandes geteilt.