An der Schnittstelle zwischen Politik, Verbänden und Dienstleistungen


Der Freiburger Arbeitgeberverband (FAV) ist ein Dienstleistungsbetrieb. Seit 75 Jahren setzt er sich dafür ein, die Verwaltung von Berufsverbänden zu professionalisieren und sein Dienstleistungsangebot auszubauen, um den Bedürfnissen seiner Mitglieder gerecht zu werden.

Reto Julmy sitzt am Besprechungstisch in seinem Büro. Er schmunzelt bei unserer ersten Frage: Was macht der FAV konkret? « Wir sind ein Dienstleistungsbetrieb», fängt er an, bevor er die Aufgaben aufzählt, welche die neun Verbandssekretäre erfüllen. Sie arbeiten im Bereich des Verbandsmanagements, indem sie den Vorstand der jeweiligen Berufsverbände bei der Abhaltung von Vorstandssitzungen, Generalversammlungen, Veranstaltungen oder Fortbildungen unterstützen (siehe unten).

Darüber hinaus bietet der FAV seinen Mitgliedern eine hochstehende Rechtsberatung an, insbesondere bei Fragen zum Arbeitsgesetz oder bei der Anpassung von Statuten oder Gesamtarbeitsverträgen (GAV) (siehe unten). Zudem wurde ein Kommunikationsdienst geschaffen. «Wir legen grossen Wert auf die Information unserer Mitglieder», erklärt Reto Julmy und betont, dass dies im Zuge der Corona-Pandemie besonders wichtig gewesen sei. Schliesslich hat der FAV kürzlich ein Angebot für Konfliktmanagement eingerichtet (siehe unten). «Diese Dienstleistungen sind relativ neu, zeigen jedoch eine Veränderung der Bedürfnisse unserer Mitglieder auf», berichtet der Direktor.

Denn die Tätigkeitsbereiche der Mitglieder entwickeln sich ständig weiter: «Die Arbeit der Verbände wird immer professioneller. Die Bewältigung der gesamten Verwaltung auf ehrenamtlicher Basis wird immer anspruchsvoller, insbesondere wenn es beispielsweise um die Buchführung eines Berufsverbandes oder die Organisation von überbetrieblichen Kursen geht», sagt Reto Julmy.

Grundlagenarbeit in den Kommissionen

Die Arbeit, welche die Leitung des FAV am meisten beansprucht, liegt im Bereich der Interessenvertretung. Kommissionen, Arbeitsgruppen und Organisationen verschiedenster Art: Der FAV ist in rund 40 Gremien vertreten. «Hier setzen wir uns konkret für die Wirtschaft, das Gewerbe und unsere Mitglieder ein, denn hier werden Entscheide vorbereitet oder getroffen», erläutert der Direktor. Die Mitarbeit in diesen Kommissionen ist wichtig, um die Arbeitgeber zu unterstützen, aber auch um den Puls der Wirtschaft zu fühlen. Zudem steht die Direktion regelmässig mit Mitgliedern des Grossen Rates und dem Staatsrat in Kontakt.

MARTINA GUILLOD, Juristin, seit eineinhalb Jahren beim FAV

Der Rechtsdienst beim FAV wurde in letzter Zeit ausgebaut. Entspricht dies einem Bedürfnis der Mitglieder, die zunehmend mit Rechtsfragen konfrontiert sind?

Ja, absolut. Das Rechtswesen ist überall präsent. Arbeitgeber müssen über die Entwicklungen der Gesetze und der Rechtsprechung auf dem Laufenden sein. Aus diesem Grund haben wir einen Newsletter zu Rechtsfragen und Kurzvideos geschaffen, mit denen wir die gesetzlichen Grundlagen allgemeinverständlich vermitteln können. Unsere Fortbildungen zum Arbeitsrecht bieten uns die Möglichkeit, die Arbeitgeber gezielt zu informieren, indem wir jeweils einen konkreten Bezug zwischen den Gesetzesvorschriften und der Praxis aufzeigen.

Sie haben sich zur Mediatorin ausbilden lassen. Was waren Ihre Beweggründe?

Ich bin seit zehn Jahren in der Unternehmensberatung tätig und habe festgestellt, dass Arbeitsunfähigkeit und Absenzen die Arbeitgeber erheblich beschäftigen, obwohl es oftmals gar nicht so weit kommen müsste. Ich wollte mehr darüber erfahren und mir Werkzeuge zur Konfliktbewältigung aneignen. Häufig handelt es sich um komplexe Situationen, in denen der Arbeitgeber ein grosses Interesse hat, rechtzeitig einzugreifen. Ich habe es daher als wichtig empfunden, Führungskräfte von KMU in derartigen Fragen beraten zu können.

In diesem Jahr wurde das Angebot für Konfliktmanagement geschaffen. Welches Ziel verfolgt es und wofür ist es da?

Spannungen gibt es überall. Wir haben eine Umfrage gemacht, aus der hervorgeht, dass drei von vier Unternehmen keine Präventivmassnahmen zur Vermeidung von Konflikten am Arbeitsplatz eingeführt haben. Doch solche Auseinandersetzungen sind sehr kostspielig, angefangen bei Produktivitätsverlusten, über Krankheitsausfälle, bis hin zu Neuanstellungen. Vorbeugen ist viel kostengünstiger. Ganz abgesehen davon, dass diesbezüglich eine gesetzliche Pflicht besteht. Mit dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften rücken diese Fragen immer mehr in den Fokus. Arbeitgeber tun gut daran, Konflikte zu verhindern und aktiv zu bewältigen, um ein gesundes Arbeitsklima zu schaffen und so Kündigungen von Mitarbeitenden zu verhindern. Die Augen vor Konflikten zu schliessen macht die Angelegenheit nur noch schlimmer.

Beim FAV haben wir dafür eine Anlaufstelle «Vertrauensperson» geschaffen, da jedes Unternehmen eine solche zu bestimmen hat. Die Unternehmensleitung oder die Personalabteilung können diese hierarchieunabhängige Rolle jedoch nicht wahrnehmen, was die Möglichkeiten innerhalb eines KMU erheblich einschränkt. Wir unterstützen sie daher bei der Umsetzung eines Präventionssystems durch die Bestimmung einer Vertrauensperson. Sollte der Konflikt dennoch eskalieren, bieten wir einen Mediationsdienst an.

LAURENT DERIVAZ, seit über zehn Jahren Verbandssekretär beim FAV

Wie wird man Verbandssekretär?

Es gibt keine spezifische Ausbildung zum Verbandssekretär. Um sich für eine solche Tätigkeit zu entscheiden, muss man ein ausgesprochenes Interesse am Verbandswesen haben, eine gewisse Dienstleistungsbereitschaft mitbringen, gerne mit Menschen im Kontakt stehen sowie Freude an der Organisation von Veranstaltungen und dem Führen von Projekten haben.

Derzeit arbeite ich für drei Verbände des Ausbaugewerbes in den Bereichen Holz, Malerei und Gipserei sowie Plattenlegerei und seit Anfang dieses Jahres für einen neuen Verband: den Freiburger Fachverband Betriebsunterhalt.

Neben dieser Verbandsfunktion bin ich auch für das Inkassobüro im Zusammenhang mit dem GAV des Ausbaugewerbes sowie für die Kassenführung der Paritätischen Berufskommission des Kantons Freiburg (PBKF) verantwortlich, was etwa 40 % meiner Tätigkeit ausmacht.

Wie gestaltet sich Ihre tägliche Arbeit für diese Verbände?

Als Verbandssekretär ist kein Tag wie der andere! Unsere Aufgaben umfassen in erster Linie die Führung und Verwaltung des ständigen Sekretariats in Zusammenarbeit mit unseren administrativen Assistentinnen. Dazu gehören aber auch die Beratung der Mitglieder, was Kenntnisse im Bereich des Rechts, insbesondere des Arbeits- und Vertragsrechts, voraussetzt. Hinzu kommt auch die gesamte Finanzverwaltung des Verbandes, hauptsächlich die Kassenführung und die verschiedenen Subventionsanfragen.

Die Organisation und das Abhalten von Vorstandssitzungen sowie die Umsetzung der gefassten Beschlüsse fallen ebenfalls in den Aufgabenbereich des Verbandssekretärs. Ein weiteres wichtiges Thema ist der reibungslose Ablauf der überbetrieblichen Kurse, von der Einberufung der Lernenden bis hin zur Rechnungsstellung. Und zu guter Letzt sorgt der Verbandssekretär neben der Organisation verschiedenster Veranstaltungen und Anlässe auch für die Wahrung und Vertretung der Verbandsinteressen gegenüber den jeweiligen Sozialpartnern.

Welches ist die schwierigste Herausforderung?

Eine der ständigen Herausforderungen ist zweifellos die Berufsbildung, sei es in der Erstausbildung oder im Hochschulbereich. Um den Nachwuchs der KMU zu sichern, muss ständig auf die Förderung geachtet werden, um so die Anzahl der Lernenden in jedem Jahr und in jedem Bildungsgang zu halten. Parallel dazu arbeite ich ständig an der Erneuerung der GAV, einschliesslich der jährlichen Lohnverhandlungen. Auch das ist eine dauerhafte Herausforderung, deren Auswirkungen direkte Konsequenzen für alle Unternehmen der Branche nach sich ziehen, manchmal für mehrere Jahre.

PATRICIA KAESER, Administrative Assistentin, seit 16,5 Jahren beim FAV

Für wie viele Verbände arbeiten Sie?

Ich bin für sieben Verbände, sowohl Berufsverbände als auch Verbände, die für die Ausbildung zuständig sind, tätig. Ich arbeite mit Laurent Derivaz beim Führen des Inkassobüros für das Ausbaugewerbe zusammen, welches vom FAV verwaltet wird. Dies beansprucht viel Zeit, da fast 1000 Unternehmen dem GAV angeschlossen sind.

Wie gestaltet sich Ihre tägliche Arbeit für diese Verbände?

Ich betreue die Mitgliederverwaltung, von Eintritten und Austritten bis hin zu Adressänderungen und beantworte auch ihre Fragen. Ich führe die gesamte Korrespondenz, einschliesslich der Protokolle der Vorstandssitzungen und der Generalversammlungen.

Ich kümmere mich um die Rechnungsstellung der Mitgliederbeiträge, das Inkasso und das Mahnwesen.
Im Zusammenhang mit dem Inkassobüro für das Ausbaugewerbe bearbeite und pflege ich alle Lohndaten für die angeschlossenen Unternehmen. Die entsprechenden Daten und Angaben leite ich weiter, insbesondere was die Meldung der Arbeitnehmenden auf den Baustellen betrifft, dies im Interesse einer Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Was schätzen Sie an Ihrer Tätigkeit?

Es ist eine sehr abwechslungsreiche Arbeit, die sich in den vergangenen 16 Jahren beim FAV stark verändert hat. Ich mag die Vielfalt der Tätigkeiten für die diversen Verbände, die ganz unterschiedlich
funktionieren. Dies ermöglicht es mir auch, mit verschiedenen Menschen zusammenzuarbeiten. Nichts ist statisch.

Beim FAV arbeite ich mit mehreren Leuten zusammen und es herrscht eine gute Arbeitsatmosphäre. Es ist sehr angenehm.

Welche Aufgabe macht Ihnen am meisten Spass?

Ich mag alles, was mit dem Rechnungswesen und der Verwaltung von Lohndaten zu tun hat. Reine Korrespondenz wie Briefe oder Protokolle mag ich weniger, auch wenn das Teil der Arbeit ist.