Rückblick einer engagierten Präsidentin


Marianne Berset, seit 2014 Präsidentin des Verwaltungsrats des Freiburger Arbeitgeberverbandes (FAV), hat entschieden, von ihrem Amt zurückzutreten. Ihr Mitwirken im Verwaltungsrat begann 2013 als Vizepräsidentin. Während ihrer Amtszeit hat sie sich für eine zukunftsorientierte Berufsbildung eingesetzt und wesentlich dazu beigetragen, den FAV im Kanton, aber auch innerhalb ihres breiten Netzwerks bekannt zu machen. Marianne Berset blickt mit uns auf ihre Erfahrungen als erste Frau in diesem Amt zurück. Ein Interview.

Marianne Berset, Sie haben beschlossen, Ihr Amt als Präsidentin des Verwaltungsrats des FAV in diesem Jahr nach acht Jahren niederzulegen. Weshalb dieser Entschluss?

Ich denke, es ist an der Zeit für mich, den Vorsitz abzugeben. Ich war insgesamt zehn Jahre im Verwaltungsrat des FAV und konnte mir drei Direktoren zusammen arbeiten, Jean-Pierre Siggen, Jean-Jacques Marti und Reto Julmy. Ich habe ein tolles berufliches und menschliches Abenteuer erleben dürfen, aber ich denke, dass die Zeit für eine Erneuerung gekommen ist. Ausserdem ist es ein wunderbares Geschenk für mich gerade jetzt abzutreten, während wir das 75-jährige Bestehen des FAV feiern.

Welche Bilanz ziehen Sie aus dieser im Jahr 2014 begonnenen Amtszeit, die Sie nun kurz nach der Coronavirus-Pandemie beenden?

Ich bin sehr erfreut, dass ich die Versprechen, die ich bei meiner Ernennung gemacht habe, einhalten konnte. Mein Ziel war es, mich für die Wahrung der Interessen und die Förderung der KMU und des Gewerbes einzusetzen. Ich habe intensiv darauf hingearbeitet und betont, wie wichtig es ist, unsere Berufsverbände zu erhalten. Dies war in meinen Augen genauso wichtig wie die Aufnahme neuer Berufsverbände.

Während meiner gesamten Präsidentschaft habe ich mich mit viel Energie und Herzblut für die Aufwertung der Berufsbildung eingesetzt. Unser duales System ist sehr gut durchdacht und umfassend. Die Erlangung eines EFZ ist ein Ausweis für das ganze leben, der zu einem eidgenössischen Fachausweis, zu einem Meisterdiplom oder gar zu einem universitären Masterabschluss führen kann. Das ist toll! Daher ist es für mich von entscheidender Bedeutung, dass der FAV in enger Zusammenarbeit mit dem Kanton, insbesondere mit dem Amt für Berufsbildung (BBA) und dem Amt für Berufsberatung und Erwachsenenbildung (BEA), sowie der Industrie- und Handelskammer, weiterhin START! Forum der Berufe mitorganisiert. In diesem Sinne habe ich die Zusammenarbeit mit dem BEA für die Organisation der Breufs-Info-Métiers und die Entwicklung der Plattform FriStages ebenfalls stets unterstützt. Um die Berufsausbildung aufzuwerten, zeichnen wir anlässlich des Herbstauftakts der Unternehmen alljährlich Ausbildungsbetriebe und deren Lernende aus.

Die Bilanz ist auch FAV-intern durchwegs positiv. Wir haben die Digitalisierung vorangetrieben und konnten so die Bedürfnisse, die durch die Pandemie und das Homeoffice entstanden sind, antizipieren. Ausserdem haben wir die Räumlichkeiten erneuert und verschiedene Dienstleistungen ausgebaut. Wir haben einen Rechtsdienst geschaffen, der in unserem Verband eine wichtige Rolle spielt und den wir unseren Mitgliedern mit Stolz anbieten können. Zudem wurde eine Kommunikationsabteilung aufgebaut, die bedeutende Arbeit leistet, um die Dienstleistungen des FAV für die breite Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

haben Sie während Ihrer Amtszeit gelernt?

Ich habe das Freiburger Wirtschaftsgefüge in seinem ganzen Umfang kennengelernt. Dadurch konnte ich die Herausforderungen der verschiedenen Berufszweige besser einordnen, was mich sehr bereichert hat.

Welches Vorhaben hätten Sie gerne abgeschlossen, welches Sie nun an Ihre Nachfolgerin oder Ihren Nachfolger weitergeben werden?

Ich hätte gerne das Projekt des ÜK-Campus in Villaz-Saint-Pierre unter meiner Präsidentschaft erfolgreich abgeschlossen, was leider nicht der Fall sein wird. Aber das Vorhaben ist auf Kurs, der erste Grundstein wurde kürzlich gelegt und ich bin sehr stolz darauf, dass der FAV an diesem für die Berufsbildung im Kanton bedeutenden Projekt beteiligt ist.

Sie sind die erste Frau, die zur Präsidentin des Verwaltungsrats des FAV gewählt wurde. Mussten Sie Ihre Ellenbogen ausfahren, um sich Respekt zu verschaffen?

Ich bin in eine Männerwelt eingetaucht, das stimmt (sie lacht). Am Anfang habe ich das nicht wirklich wahrgenommen, habe aber meinen Platz gefunden. Es gab zwar die eine oder andere Situation, bei der ich mich durchsetzen musste. Aber insgesamt ist es sehr gut gelaufen. Ich habe einen vereinenden Charakter und verab-schaue Konflikte. Auf diese Weise versuchte ich den FAV zu führen. Ich habe mir immer die Zeit genommen, unterschiedliche Meinungen auszudiskutieren. Es gab keine Situation, für die nicht eine Lösung gefunden wurde, die für alle akzeptabel war.

Inwiefern ist das Engagement von Frauen in der Wirtschaft von Vorteil?

Es ist wichtig, dass sich Frauen engagieren, auch wenn es nicht immer leichtfällt sich durchzusetzen. Frauen gehen von Natur aus anders an bestimmte Aufgaben heran, indem sie sich auf andere Stärken verlassen, wie beispielsweise ihr Gefühl. Sie führen anders als Männer und das ist auch gut so. Es braucht beide Sichtweisen.

Welches Ereignis hat Sie am meisten geprägt?

Zweifellos der Herbstauftakt der Unternehmen. Es ist ein Anlass mit einer grossen Breitenwirkung im Kanton, da er das duale Bildungssystem aufwertet. Dank meines Netzwerks konnten wir hervorragende Referenten wie Géraldine Fasnacht, René Prêtre, Claude Nicollier und begrüssen, die ihre Zuhörer zu begeistern wussten. START! Forum der Berufe wird ebenfalls als bedeutsame Veranstaltung während meiner Präsidentschaft in Erinnerung bleiben. Dabei werden mehr als 90 Aussteller vereint zu meist Berufsverbände, die über 200 verschiedenen Berufen vertreten. Dies ist wirklich die Grossveranstaltung der Berufsbildung und es bereitete mir immer viel Freude, daran teilzunehmen.

Was werden Sie nun künftig tun?

Ich werde mir Zeit nehmen, um mein Englisch zu verbessern und auf Reisen zu gehen. Ausserdem werde ich mich um meine Familie, meine Enkelkinder, das Familienunternehmen und andere Projekte kümmern.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 75 Jahre des FAV?

Dass er diesen Kurs fortsetzt und zu einem noch stärkeren Akteur der kantonalen Wirtschaft wird.

Was möchten Sie den Freiburger Unternehmern mitteilen?

Ich möchte ihnen in Erinnerung rufen, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten. So werden wir es schaffen, mehr Anerkennung bei der Wahrung der Interessen der KMU im Kanton zu erlangen.

Was wird von der Marke «Marianne Berset» beim FAV und der Freiburger Wirtschaft erhalten bleiben?

«Marianne ist eine warmherzige Person, die über ein unglaubliches Netzwerk verfügt. Dank ihr hat der FAV
stark an Sichtbarkeit gewonnen. Sie hat den Anstoss dazu gegeben, dass wir in der breiten Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden und unsere Tätigkeit sichtbarer wird.

Sie ist eine sehr liebenswürdige und positive Frau, mit der eine Zusammenarbeit sehr angenehm ist. Überdies war sie unseren Projekten und Ideen gegenüber stets sehr aufgeschlossen.»

Reto Julmy, Direktor der FAV