Plattenleger, eine Vereinigung, die ihre Geschicke selbst bestimmt


Die Vereinigung der Freiburgischen Plattenleger (VFP) hat seit Herbst 2021 einen neuen Präsidenten. Das ist die Gelegenheit, die vergangenen und künftigen Herausforderungen eines Berufs zu beleuchten, der sich stark verändert hat. Walter Sassi und Pascal Aebischer, ehemaliger bzw. aktueller Präsident, schildern ihre Sichtweise zum Beruf.

«Kommen Sie in mein Büro», sagt Walter Sassi, als wir uns verabredet haben. Daraufhin treffen wir uns in Corminboeuf. Der 85-jährige Mann ist ganz in Grau gekleidet, hat einen kahlgeschorenen Kopf und einen sympathischen Blick. Er war 1963 Gründungsmitglied und während 22 Jahren Präsident der Vereinigung der Freiburgischen Plattenleger (VFP). Letzten Herbst gab er die Geschicke ab. «Ich wollte bleiben, bis wir neue Räumlichkeiten für die Ausbildung zur Verfügung hatten», sagt er. Das ist seit Mai 2021 der Fall. Die überbetrieblichen Kurse (ÜK) der Plattenleger finden neu im Gebäude Pole 7, in Courtaman statt. «Wir sind überglücklich. Wir verfügen jetzt über genügend Platz. Dadurch sind wir unabhängig und können jetzt die Ausbildung nach unseren eigenen Vorstellungen gestalten», betont der ehemalige Präsident nicht ohne Stolz.

Dies war ein symbolischer Schritt für den VFP, der im Jahre 2003 dafür gekämpft hatte, aus dem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) des Bauhauptgewerbes auszutreten. Ein Kampf, der insbesondere von Pascal Aebischer, Direktor von AP Carrelages SA in Freiburg und neuer Präsident der VFP, geführt wurde: «Wir wollten die Geschicke unseres Verbands selbst bestimmen», erklärt er. Diese neuen Räumlichkeiten ermöglichen es, nicht nur die neuesten Plattenleger-Techniken zu unterrichten, sondern sind auch ein geeignetes Instrument für den Verband, seiner Aufgabe gerecht zu werden und sichtbar zu sein. Neben der Grundausbildung für den Plattenlegerberuf können dort nämlich auchWeiterbildungen angeboten werden, so der neue Präsident.

Neue Ära

Das Jahr 2003 bedeutete für den VFP einen wahren Wendepunkt. Denn mit dem Austritt aus dem GAV des Bauhauptgewerbes spaltete sich die Vereinigung auch vom Freiburgischen Baumeisterverband (FBV) ab. Die Verbindung zwischen den Plattenlegern und den Bauunternehmern reicht bis in die 1960er-Jahre zurück, als Plattenlegerarbeiten von Spezialabteilungen grosser Bauunternehmen ausgeführt wurden. Später entwickelte sich der Beruf weiter, vor allem in technischer Hinsicht und es übernahmen immer mehr kleinere mittelständische Unternehmen das Geschäft. Sie bildeten Lernende aus, die dann selbst zu Arbeitgebern wurden. Es ist also ganz selbstverständlich, dass sie die Zügel ihrer Berufsvereinigung selbst in die Hand nehmen wollten. Aber dieses Wirtschaftssystem wäre ohne die Berufsbildung wertlos: «Sie ist unerlässlich, um den Fortbestand unserer Unternehmen zu sichern», fasst Pascal Aebischer zusammen und fügt hinzu: «Wenn wir die Qualität unserer Arbeit beibehalten wollen, müssen wir uns für die Ausbildung unseres Nachwuchses einsetzen.»

Die Ausbildung ist ein wichtiger Bereich für die VFP, aber nicht der einzige. Denn die Vereinigung setzt sich auch für die politischen Interessen des Berufsstandes ein. «Wir verhandeln den GAV mit den Sozialpartnern», erklärt der neue Präsident und ergänzt, dass dieser Aspekt insbesondere vom Freiburger
Arbeitgeberverband (FAV) bearbeitet wurde: «Dank ihrer Führung unseres Sekretariats erhalten wir die notwendige Unterstützung in den verschiedenen Bereichen, insbesondere bei den Verhandlungen der GAV und der paritätischen Kommission sowie der engen Zusammenarbeit mit demWestschweizer Verband Fédération Romande du Carrelage (FeRC).»

Er geht auf die wesentlichen Projekte der VFP ein, wie den Beitritt zum neuen GAV des Ausbaugewerbes der Westschweiz oder die Einführung der Frühpensionierung mit 62 Jahren für Plattenleger. Die Herausforderung für Pascal Aebischer? «Die Übernahme des Präsidentenamtes nach Walter Sassi», lächelt er, ehe er ergänzt, dass er seit 1995 im Vorstand der VFP aktiv ist: «Ich kenne die Amtsgeschäfte und beab-sichtige, sie im Sinne meines Vorgängers weiterzuführen.» Walter Sassi zeigt sich erfreut, dass Pascal Aebischer die Zügel der VFP übernimmt. Er folgert: «Die Vereinigung ist in guten Händen.»

Arbeit und Leidenschaft

Mit seinem italienischen Akzent erzählt der 85-jährige Walter Sassi, ehemaliger Präsident der Vereinigung der Freiburgischen Plattenleger (VFP), liebevoll und leidenschaftlich von seiner Hingabe für die Vereinigung und insbesondere für seinen Beruf. Mit gefalteten Händen und der Brille auf dem Tisch erzählt er von seinen Anfängen und seinem ersten Stundenlohn von 2.60 Franken. Er berichtet über sein Unternehmen, das er 1961 mit seiner Frau gegründet hat: «Wir hatten einen Arbeiter», erinnert er sich. Seine Schutzmaske verbirgt ein Lächeln und seine Augen funkeln, wenn er über die Veränderungen im Beruf sinniert: «Die Technik hat sich stark verändert, der Beruf ist heute körperlich weniger anstrengend.» Damals massen die grössten Platten 20 cm x 20 cm, heute erreichen sie Masse von 1,60 m x 3,20 m. Er spricht über den Kleber, eine Revolution, die das Verlegen von Platten erheblich erleichtert hat.

Von einem einzigen Beschäftigten im Jahr 1961 stieg die Zahl am Standort Freiburg auf fast 80 – er übernahm zwei weitere Unternehmen in Bulle und Neuenburg. Sein Rezept? «Arbeit, Arbeit, Arbeit», bekräftigt er. Und viel Leidenschaft, die er weitergeben konnte, zumal sein Sohn heute das Unternehmen leitet und sein Enkel ebenfalls in die Firma eingetreten ist.

1963

Gründung der Vereinigung der Freiburgischen
Plattenleger (VFP)

2003

Die Plattenleger treten aus dem GAV des Bauhaupt-
gewerbes aus und spalten sich vom Freiburger Baumeisterverband ab

2021

Einführung der überbetrieblichen Kurse für Plattenleger in den Räumlichkeiten von Pole 7, in Courtaman

2021

Wechsel im Präsidentenamt: Pascal Aebischer tritt die Nachfolge von Walter Sassi an