«Der FAV verteidigt die gemeinsamen Interessen der Arbeitgeber»


In den Räumlichkeiten des Freiburger Arbeitgeberverbandes (FAV) grüsst Jean-Jacques Marti jede und jeden. Er gönnt sich einen Espresso. An einem Sitzungstisch erzählt er von seiner Bewerbung beim FAV. Damals war er noch Direktor der Emalux AG, ein Unternehmen der Gruppe Elektro-Material AG/Alcatel. Er wurde von Ferdinand Masset, Gründer und Präsident (Generaldirektor) des branchenübergreifenden Arbeitgeberverbandes des Kantons Freiburg (Union Interprofessionnelle Patronale du Canton de Fribourg UIP, Vorgänger des FAV) als Direktionsmitglied eingestellt. Jean-Jacques Marti blieb dort während 25 Jahren, in der Direktion bis 2017, und von 2013 bis Juni 2021 als Delegierter des Verwaltungsrats.

«Hatten Sie nie Lust, zu gehen?» Er schüttelt den Kopf und lächelt: «Nein, nie.» Er erwähnt dann, er sei noch Präsident der FER CIFA – einer Einheit des FAV, welche die Sozialversicherungen verwaltet. Es braucht nicht viel, damit er, über die Geschichte des FAV und dessen künftige Herausforderungen zu erzählen

Wie ist der FAV entstanden?

Der FAV, oder besser die UIP, entstand 1947 im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg, als die Ausgleichskassen durch die AHV ergänzt wurden. Ferdinand Masset und Renaud Barde gründeten damals die Fédération Romande des Syndicats Patronaux (Westschweizer Arbeitgeberverband FRSP [Anm. d. Red.: Der FRSP heisst heute Verband der Westschweizer Unternehmen / Fédération des Entreprises Romandes – FER]). In den 1940er-Jahren bestand die Herausforderung darin, die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Die modernen Medien, die wir heute kennen, existierten damals nicht, die Arbeitgeber hatten das Bedürfnis, sich auszutauschen. Sie besuchten Clubs im Rahmen ihrer Hobbys und trafen sich in Verbänden im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit. Indem die UIP mehrere Aufgaben im Hinblick auf die Verwaltung von Berufsverbänden übernahm, deckte die sie ein Bedürfnis der damaligen Zeit ab.

1999 wurde sie zu der Organisation, die wir heute kennen. Damals fusionierten die Union Interprofessionnelle Patronale du Canton de Fribourg UIP [Anm. d. Red.: Das war die Vorgängerin des FAV und der CIFA] und der Kantonale Gewerbeverband (Union Cantonale des Arts et Métiers – UCAM [Anm. d. Red.: Das war die Vorgängerin der Arbeitgeberkammer]). Es handelte sich um einen logischen Schritt, denn in den beiden Organisationen waren mehrheitlich dieselben Mitglieder vertreten.

Sie sind schon sehr lange beim FAV dabei, Sie haben dessen Entwicklung während fast 25 Jahren mitverfolgt. Was können Sie dazu sagen?

Ganz zuerst sollte erwähnt werden, dass der FAV gegründet wurde, um der CIFA-Ausgleichskasse eine juristische Unterstützung zu bieten. Das war der zentrale Grund, weshalb es zur Gründung kam. Als 1947 die AHV ins Leben gerufen wurde, wurde Ferdinand Masset von Berufsverbänden kontaktiert, um deren Verwaltung sicherzustellen. Dieser Service wurde über die Jahre immer weiter ausgebaut. In den 2000er-Jahren wurde dann die Arbeitgeberpolitik entwickelt, wie wir sie heute kennen. Die Entwicklung des FAV orientierte sich also am kantonalen Wirtschaftsumfeld und behielt immer das Ziel im Auge, die Bedürfnisse der Arbeitgeberschaft und der KMU abzudecken.

Die Berufsbildung ist ein wichtiger Pfeiler des FAV. Wie kam es dazu?

Zu Beginn existierte kein Diplom, das den Abschluss einer Lehre formell bestätigt hätte. Die EFZ wurden in den 1930er-Jahren geschaffen, als sich die duale Berufsbildung durchzusetzen begann. Über den sozialen Aspekt hinaus wurden die Berufsverbände auch mit dem Ziel gegründet, die jeweiligen Berufe weiterzuentwickeln. Das ist der Grund, weshalb sie so eng mit der Berufsbildung verbunden sind. Der FAV, der verschiedene Berufsverbände verwaltete, war von Anfang an in die Berufsbildung involviert und Zeuge von deren Entwicklung.

Wie wichtig ist – und war – der FAV für die Freiburger Wirtschaft?

Die Wichtigkeit ist in erster Linie gerade auf die Berufsbildung zurückzuführen. Denn der FAV hat diese immer gefördert. Im Rahmen der Verwaltung seiner Berufsverbände pflegte er in Sachen Lehre/Grundausbildungen häufig Kontakt mit dem Amt für Berufsbildung (BBA). Heute ist das der Kern seiner Tätigkeit. Parallel dazu war es das oberste Ziel des FAV, die gemeinsamen Interessen der Arbeitgeberschaft zu vertreten, die sich von jenen der Industriebetriebe [Anm. d. Red.: Die Arbeitgeber sind Besitzer der Unternehmen und bilden das Gewerbe, die Industriebetriebe hingegen werden von den Handelskammern vertreten] unterscheiden. Der FAV hat Einsitz in verschiedenen kantonalen Kommissionen, was es ihm erlaubt, wirtschaftliche Themen mitzugestalten, eine globale Sicht auf die Freiburger Wirtschaft zu erhalten und so gut abgestützte Positionen zu verschiedenen Themen zu vertreten, die einen Bezug zur Wirtschaft aufweisen, insbesondere anlässlich von Abstimmungen.

Welche Lehren sollte man Ihrer Meinung nach aus den vergangenen 75 Jahren ziehen?

Der FAV sollte sich weiterhin flexibel anpassen, wie er das schon immer getan hat. Er muss ein offenes Ohr haben und auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber und Unternehmen hören, um die von ihnen erwarteten Dienste erbringen zu können. Bis anhin war er stets dazu in der Lage, seine Mitglieder zu unterstützen und zu coachen. Das soll so bleiben, und im Hinblick darauf müssen die Bedürfnisse der Arbeitgeber antizipiert werden. Diese Bedürfnisse liegen meiner Meinung nach am ehesten in Bereichen wie Kommunikation und Digitalisierung, daneben gibt es aber auch weitere Bereiche.

Welches sind in Ihren Augen die prägendsten Ereignisse in der Geschichte des FAV?

Der FAV ist ein Dienstleistungsunternehmen, die prägenden Ereignisse sind in der Geschichte der zahlreichen Verbände zu finden, für die er die Verwaltung wahrnimmt. Ein Ereignis, das es hervorzuheben gilt, ist der Kauf der Immobilie an der Rue de l’Hôpital 15 in Freiburg, in der wir uns jetzt gerade befinden. Der Umzug von Pérolles 55 hierher hat es uns ermöglicht, unsere Sichtbarkeit zu erhöhen und ein Zuhause zu haben. Ein wichtiger Schritt war auch der Moment, in dem der FAV als Dachorganisation der Arbeitgeber und der KMU als offizielles Sprachrohr von Letzteren anerkannt wurde. Der FAV wird regelmässig von kantonalen Behörden konsultiert.

Wussten Sie schon?

Zwei der fünf Direktoren des FAV wurden Staatsräte. Ferdinand Masset (Gründer des FAV) war Mitglied der kantonalen Exekutive von 1977 bis 1986, also während zwei Legislaturen. Jean-Pierre Siggen (Direktor des FAV von 2000 bis 2013) wurde während der laufenden Legislatur als Ersatz von Isabelle Chassot 2013 zum Staatsrat gewählt. Vergangenen November wurde er wiedergewählt.

Gemäss Jean-Jacques Marti, ehemaliger Direktor des FAV und gegenwärtig Präsident der FER CIFA, sind diese beiden Wahlen Beispiele, welche die Wichtigkeit des FAV und seine zentrale Stellung auf beruflicher und politischer Ebene aufzeigen. «Der Name FAV hat ein gewisses Prestige», betont er.